Es wird eng für den Schneehasen: Wenn sich das Klima erwärmt, werden seine Lebensräume in den Schweizer Alpen kleiner und zerstückelter. Damit dürften die Bestände schrumpfen, legt eine internationale Studie unter Mitwirkung der Universität für Bodenkultur Wien nahe.
Lebensraum wird nicht nur kleiner, sondern auch stärker zerstückelt.
Spezialisierte, an das Leben im Hochgebirge angepasste Arten wie der Schneehase sind vom Klimawandel besonders stark betroffen. Wird es dem Schneehasen zu warm, kann er nur in begrenztem Maß in kühlere, höher gelegene Gefilde ausweichen. Tatsächlich dürfte die Fläche an geeignetem Lebensraum für den Schneehasen in der Schweiz bis ins Jahr 2100 im Mittel um ein Drittel schrumpfen, haben Forschende der Universität Bern und der Universität für Bodenkultur in Wien errechnet.
Durch die Lebensraumminderung und die stärkere Zerstückelung, sind die Schneehasenbestände weniger gut vernetzt, was zur genetischen Verarmung führen kann. Insgesamt ist zu erwarten, dass die Zahl der Schneehasen zurückgehen wird – so das Fazit der Studie, die im Wissenschaftsjournal «Global Change Biology» veröffentlicht ist. Sie identifiziert gleichzeitig die wichtigsten Schneehasengebiete der Zukunft, die für die Vernetzung einzelner Populationen und den Schutz der Art entscheidend sind.
Schneehasen im Hitzestress
Das Forscherteam untersuchte den Einfluss des Klimawandels auf die Verbreitung der Art in den Schweizer Alpen anhand von 1046 Schneehasennachweisen aus den Jahren 1990 bis 2013. Dazu modellierten sie die Lage und Ausdehnung der aktuellen sowie der zukünftigen geeigneten Lebensräume anhand verschiedener Klimaszenarien des internationalen Klimarats IPCC. Ob ein Lebensraum für Schneehasen geeignet ist oder nicht, hängt von Faktoren wie Nahrungsverfügbarkeit, Schutz vor Räubern, Hitze und Kälte sowie menschlichen Störungen ab.
Es zeigte sich, dass vor allem die steigenden Temperaturen in der Fortpflanzungsperiode der Hasen den nutzbaren Lebensraum beeinflusst. An Kälte angepasste Arten können ihre Körpertemperatur in heißen Sommern weniger gut regulieren als wärmeliebende Arten. Sie müssen in kühlere Regionen ausweichen, was aufgrund der sich nach oben verengenden Berge und der schroffen Felswände nur begrenzt möglich ist.
Die Modellrechnungen ergaben einen Lebensraumverlust von 26% bei einem mittleren und 45% bei einem starken Erwärmungsszenario. Es zeigten sich aber starke regionale Unterschiede: Der Lebensraumverlust ist in den südlichen und nördlichen Voralpen am größten. In den Zentralalpen hingegen ist er geringer, aber auch hier schrumpft die Anzahl geeigneter Gebiete deutlich.
Der Schneehase als Klimawandel-Indikator
„Mit dem Verlust und der steigenden Zerstückelung der Lebensräume ist die Art zunehmend gefährdet“, sagt Dr. Maik Rehnus, der seine Doktorarbeit über den Schneehasen am BOKU-Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft verfasst hat. Die Autoren empfehlen, alpenweit ein Schneehasen-Monitoring einzurichten. Univ.Prof. Dr. Klaus Hackländer sieht in dieser Art einen guten Indikator für die Effekte des Klimawandels auf unsere Wildtiere. „Klimawandel bedeutet nicht nur steigende Meeresspiegel und Dürreperioden, auch unsere alpinen Ökosysteme stehen vor großen Herausforderungen“, so Hackländer.
Originalartikel:
Rehnus M., Bollmann K., Schmatz D., Hackländer K., Braunisch, V. (2018) Alpine glacial relict species losing out to climate change: the case of the fragmented mountain hare population (Lepus timidus) in the Alps. Global Change Biology. DOI: 10.1111/gcb.14087
Quelle: Universität für Bodenkultur Wien
Foto: (c) Heike/pixelio.de
Kontakt:
Univ.Prof. Dipl.-Biol. Dr. Klaus Hackländer
Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft
der Universität für Bodenkultur Wien
klaus.hacklaender@boku.ac.at