An der Med Uni Graz findet eine Pilotstudie rund um maschinelles Hören im Kreißsaal statt. Dabei soll die Lungenfunktion von Neugeborenen an Hand ihres ersten Schreis evaluiert werden.
Auf den ersten Schrei kommt es an
Den ersten Schrei des eigenen Kindes nach der Geburt zu hören, gehört für Eltern sicherlich zu den schönsten und emotionalsten Momenten im Leben. Einige Studien beschäftigten sich bisher mit der Dauer zwischen dem Zeitpunkt der Geburt und dem Zeitpunkt des ersten Schreis eines Neugeborenen. Ein Forschendenteam rund um Florian Pokorny von der Klinischen Abteilung für Phoniatrie der Med Uni Graz erforscht nun erstmals die Akustik des ersten Schreis von Termin- und Frühgeborenen anhand zahlreicher Signalparameter. Weiters soll mithilfe von künstlicher Intelligenz eine automatische, audiobasierte Klassifikation des Schreis durchgeführt werden, um so die neonatale Lungenfunktion zu evaluieren.
Mithilfe von KI soll Lungenfunktion untersucht werden
Die in den ersten Lebensminuten produzierten Laute von Neugeborenen sorgen dafür, dass ein Teil der Ausatemluft vom Kehlkopf zurückpendelt und so das Fruchtwasser aus der Lunge in das umliegende Gewebe gepresst wird. Aufgrund unterschiedlich fortgeschrittener Lungenentwicklung gibt es mitunter hörbare Unterschiede zwischen Termin- und Frühgeborenen. Das an der Med Uni Graz startende Pilotprojekt evaluiert zunächst die Durchführbarkeit von standardisierten Tonaufnahmen in der Geburtssituation. Anhand erhobener Pilotdaten soll schließlich untersucht werden, ob sich maschinelle Analysen des ersten Schreis künftig als Prognose- und Diagnosetool in den klinischen Alltag integrieren lassen.
Novum – automatisierte stimmbasierte Erkennung von Krankheiten
Studien der letzten Jahre befassten sich mit der automatischen stimmbasierten Erkennung unterschiedlichster Erkrankungen, wie beispielsweise respiratorischer Erkrankungen, psychiatrischer Erkrankungen, neurodegenerativer Erkrankungen und Entwicklungsstörungen. „Die in diesem Projekt dargestellte Idee, bereits den ersten Laut, den ein Mensch im Leben produziert, umfassend akustisch zu charakterisieren und automatisch mithilfe künstlicher Intelligenz hinsichtlich einer medizinisch relevanten Fragestellung zu beurteilen, stellt ein absolutes Novum dar“, betont Projektleiter Florian Pokorny. So soll dieses Projekt den Grundstein für die mögliche Implementierung eines innovativen, audiobasierten und nicht-invasiven Screeningverfahrens legen, das unkompliziert und kostengünstig direkt in der Geburtssituation durchgeführt werden kann.
Frühkindliche Entwicklung im Mittelpunkt der Forschung
In seinen Arbeiten beschäftigt sich das Forschungsteam, dem auch Florian Pokorny angehört, – mit der neurofunktionellen, frühkindlichen Entwicklung. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der motorischen, visuellen, sprachlichen und soziokommunikativen Entwicklung. Ziel des interdisziplinären Teams sind die detaillierte Beschreibung der frühkindlichen Entwicklung und das möglichst frühe Erkennen von Abweichungen anhand umfangreicher Verlaufsprognosen.
Fördervolumen von rund 70 000 Euro
Das Budget für das aktuelle Forschungsprojekt in Höhe von rund 70 000 Euro kommt aus dem Fördertopf der Ausschreibung „Unkonventionelle Forschung“ des Landes Steiermark, kurz UFO. Die Projektlaufzeit beträgt ein Jahr mit geplantem Start im März 2024. Mit Herbert Fluhr, dem Leiter der Klinischen Abteilung für Geburtshilfe, und Berndt Urlesberger, dem Leiter der Klinischen Abteilung für Neonatologie der Med Uni Graz konnten renommierte Projektpartner gewonnen werden. Die operative Projektarbeit übernehmen Florian Pokorny sowie zwei weitere Mitarbeiter*innen der Klinischen Abteilung für Phoniatrie.
„Die Erkenntnisse dieser Studie könnten einen Meilenstein in der Erstbeurteilung eines Frühgeborenen darstellen“, freut sich Florian Pokorny bereits auf den Start des Projekts.
Weitere Informationen und Kontakt
Sen. Scientist Dipl.-Ing. Dr.-Ing. Florian Pokorny
Klinische Abteilung für Phoniatrie
Medizinische Universität Graz
Tel.: +43 316 385 30686
florian.pokorny@medunigraz.at
(GZ)
Quelle: Med Uni Graz
Foto: (C) Med Uni Graz
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