Neben Proteinen und Kohlenhydraten zählen Fette zu den wichtigsten Bausteinen unserer Ernährung. Doch ein Überschuss an Fett in der Nahrungsaufnahme zieht viele bekannte Folgen für die Gesundheit nach sich. Besonders fettreiche Ernährung kann sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche negativ auswirken.
Fettbedingte Depression durch Störung des Darmmikrobioms
Auch wenn von Humanstudien bereits bekannt ist, dass eine ungesunde Ernährung das Risiko einer Depression erhöht, konnte man sich bisher nur in Ansätzen erklären, wie Ernährung und psychiatrische Erkrankungen zusammenhängen. Eine über das EU-Projekt „MyNewGut“ (www.mynewgut.eu) geförderte Studie an der Med Uni Graz konnte nun wichtige Faktoren zwischen Darm und Hirn aufklären, die durch eine fettreiche Nahrung aus dem Gleichgewicht geraten. Die Ergebnisse wurden kürzlich in „Nutritional Neuroscience“ publiziert.
Risiko einer Depression durch „Junk Food“
Für den menschlichen Organismus sind Fette ein wichtiger und wertvoller Energielieferant und Baustein einer ausgewogenen Ernährung. Doch auch hier bewahrheitet sich das Sprichwort: „Die Dosis macht das Gift“, da ein zu viel an Fett negative Auswirkungen auf die Gesundheit nach sich ziehen kann. „Vielen sind die Gesundheitsfolgen einer sehr fettreichen Ernährung bekannt, doch nicht nur der Körper leidet an zu viel Fett, sondern auch der Geist“, sagt Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Holzer vom Lehrstuhl für Pharmakologie am Otto Loewi Forschungszentrum der Medizinischen Universität Graz. Großangelegte Humanstudien wiesen schon bisher auf ein erhöhtes Risiko einer Depression bei vorherrschender Ernährung mit „Junk Food“ hin. Aktuell ist jedoch noch wenig über die biologischen Mechanismen bekannt, welche zwischen ernährungsbasierter Fettleibigkeit und Depression herrschen. Daher haben WissenschafterInnen an der Med Uni Graz rund um Peter Holzer mit KollegInnen aus Belgien und Großbritannien die Auswirkungen einer sehr fettreichen Ernährung auf das Darmmikrobiom, den Hirnstoffwechsel, das Neuropeptid-Y und das Verhalten untersucht.
Fettbedingte Depression durch Störung des Darmmikrobioms und der Gehirnfunktion
Im Rahmen der Studie erhielten Mäuse über mehrere Wochen eine sehr fettreiche Diät mit einem Fettanteil von 60%, was zu einer deutlichen Gewichtszunahme führte. Die Kontrollgruppe erhielt im selben Zeitraum eine ausgewogene Ernährung mit einem Fettanteil von 12%. „Nach acht Wochen Fettdiät hatte sich auch das Verhalten der Tiere deutlich verändert“, beschreibt Dr. Ahmed M. Hassan von Prof. Holzers Arbeitsgruppe seine Beobachtungen. „Die Tiere hatten weniger Interaktionen mit ihren Artgenossen, vernachlässigten ihr Fell und verspürten wenig Lust, zuckerhaltiges Wasser normalem Wasser vorzuziehen: alles Anzeichen eines depressiven Verhaltens.“ Diese auffälligen Befunde ließen die beteiligten WissenschafterInnen die Frage stellen, wie eine Falschernährung derartige mentale Veränderungen hervorrufen kann. Die nachfolgende Analyse ergab, dass die Kommunikation zwischen Darm und Hirn deutlich gestört sein muss.
„Zunächst konnten wir durch rDNA-Sequenzierung zeigen, dass eine fettreiche Ernährung die relative Zusammensetzung des Darmmikrobioms aus der Firmicutes- und Bacteroidetes-Bakteriengruppe verändert“, so Peter Holzer. Eine Abnahme von Bakterien aus der Familie der Lachnospiraceae und Ruminococcaceae im Dickdarm der Mäuse wurde auch bei PatientInnen mit einer Depression beobachtet. Diese mikrobiellen Änderungen im Darm gehen mit auffälligen neurochemischen Störungen im Gehirn einher. Eine Metabolom-Analyse mit NMR-Spektroskopie durch KollegInnen der Universität Reading in Großbritannien machte Änderungen des Gehirnstoffwechsels und der Signalübertragung sichtbar. Außerdem war die Expression des Neuropeptids-Y in bestimmten Gehirnarealen, die für Appetit, Angstempfinden und Stimmungslage von Bedeutung sind, deutlich erniedrigt. „Diese Effekte weisen auf eine Störung der Gehirnfunktion hin, die das depressive Verhalten nach einer Hochfettdiät erklären kann“, resümiert Peter Holzer.
Kausale Zusammenhänge und therapeutische Aspekte
Trotz dieser neu entdeckten Zusammenhänge bleiben noch viele Fragen offen. So versucht die Arbeitsgruppe von Peter Holzer durch gezielte Manipulation des Darmmikrobioms herauszufinden, inwieweit das Darmmikrobiom bzw. welche Anteile des Darmmikrobioms ursächlich an der fettbedingten Depression beteiligt sind. Da eine Behandlung mit Antidepressiva und Antidiabetika keinen Einfluss auf das depressionsartige Verhalten der fettreich ernährten Mäuse hat, scheint eine sehr spezielle Interaktion zwischen Nahrungsfaktoren, Darmmikrobiom und Gehirnfunktionsstörung zu bestehen. Eine unmittelbare Folgerung aus dieser Erkenntnis besteht darin, dass bei der Prävention und Behandlung psychiatrischer Erkrankungen besonderes Augenmerk auf die Qualität der Ernährung und die Zusammensetzung des Darmmikrobioms gelegt werden sollte.
Publikation: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/1028415X.2018.1465713
Quelle: Med Uni Graz
Kontakt:
Univ.-Prof. Mag. Dr. Peter Holzer
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