“Digital Health” – Patentrezept mit Nebenwirkung

life-science-success2018 - Expertenpanel

v.l.n.r: Dr. Biach, Dr. Klein, Dr. Braga, Mag. Maurer

Orientierung im Begriffswirrwarr um eHealth, dHealth, mHealth u.ä. sowie zahlreiche Denkanstöße rund um den Einsatz der Digitalisierung im Gesundheitsbereich bot das Expertenpanel. Es diskutierten: Dr. A. Biach, HV d. Sozialversicherungsträger; Dr. A. V. Braga, Arzt, Consultant; Dr. A. Klein; Ethik Consulting Klein; Mag. C. Maurer, BM f. Gesundheit.  Moderation: Mag. D. Flener, HealthCareConsulting Group

Als Überbegriff umfasst „Digital Health“ alle Maßnahmen und Möglichkeiten im Gesundheitsbereich, bei denen elektronische Datenverarbeitung zum Einsatz gelangt. Dies kann eine telefonische Konsultation eines Arztes sein – eHealth, die Verwendung einer Gesundheitsapp am Smartphone, – mHealth, eine beratende Fachdiskussion unter Ärzten via Internet – Telekonzil, der Einsatz von Pflegerobotern, die mit künstlicher Intelligenz ausgestattet sind oder die Implementierung von ELGA. Doch unabhängig davon, was wie bezeichnet wird, kommen mit der Digitalisierung neue Herausforderungen auf die Gesellschaft zu. Dr. Biach erwartet sich durch ELGA, die mehr als nur eine Sammlung von Befunden sein soll, eine finanzielle Entlastung für das Gesundheitssystem. Zum Beispiel könnten dadurch Wiederholungen von ein und derselben Untersuchung vermieden werden. Nämlich jene Untersuchungen, die der Patient bei einem anderen Arzt, Krankenhaus, Institut oder Labor gemacht hat und zeitlich noch nicht weit zurück liegen. Die mehr oder weniger keine zusätzlichen Erkenntnisse über den Gesundheitszustand des Patienten bringen.

Mag. Maurer sieht durch den Ausbau der Digitalisierung auch für die ländlichen Gebiete die Chance einer besseren Gesundheitsversorgung. Vor dem Hintergrund unbesetzter Landpraxen könnte auch der Bevölkerung am Land durch die Digitalisierung ein rascher Zugang zu medizinischen Leistungen angeboten werden.

Dr. Braga behandelt selbst bereits in eigener Praxis über Telemedizin seine Patienten. Allerdings nicht in Österreich sondern in der Schweiz, wo bereits ein Verrechnungssystem für Telemedizin über die Krankenversicherungen etabliert ist. Verbunden mit der fortschreitenden Digitalisierung unserer Gesellschaft beobachtet er weiters, dass die Patienten heute teilweise außerordentlich gut informiert sind. Als Betroffene setzen sie sich intensiv mit ihrer Krankheit auseinander und recherchieren umfassend im Internet. Dort finden sie von medizinischen Studien bis persönlichen Statements alles. Dr. Braga sieht darin auch die Gefahr der Fehlinformation und das Problem, dass es für Laien oft nicht zu verifizieren ist, welcher Information sie nun vertrauen können.

Dr. Klein gibt generell zu bedenken, dass die Entwicklung der Technik der Entwicklung des Menschen und der Gesellschaft um Einiges voraus ist. Der Mensch ist dabei, sein Recht auf Selbstbestimmung sukzessive an die Maschinen bzw. an dahinterstehende Machtinstitutionen abzutreten. Er benutzt Angebote bedingungslos und beachtet nicht, was er dafür auf- oder preisgibt.

Das eingerichtete Gesundheitstelefon  www.1450.at – eine gratis Gesundheits Hotline mit der Rufnummer 1450 (ohne Vorwahl) stehe bei akuten Fragen zur Gesundheit jedem rund um die Uhr zur Verfügung. Es soll Erstberatung bieten und zu einer Entlastung der Spitalsambulanzen führen, die oft von Personen aufgesucht werden, die keinen akuten bzw. anspruchsvollen medizinischen Bedarf haben. Patienten sollen damit zuerst telefonisch abklären, ob der Besuch eines Arztes überhaupt notwendig ist. Wartezeiten in den Arztpraxen sollen dadurch vermindert werden bzw. der Arzt soll mehr Zeit für jene Patienten zur Verfügung haben, die seine Hilfe wirklich brauchen.

Im Zuge der E-Medikation werden sämtliche Medikamente, die ein Patient einnimmt bzw. zumindest erworben hat, erfasst und dokumentiert. Nach Biach soll dadurch das Risiko negativer Wechselwirkungen ausgeschalten werden, wenn ein Patient mehrere Medikamente gleichzeitig nehmen muss.

Klein sieht in CRISPR eine günstige Methode mit der kostspielige Behandlungen durch gezielte personalisierte Gentherapie ersetzt werden könnten. Ungeachtet der Tatsache, dass dieser „Lego Baukasten der Genetik“ noch unzählige Fragen der Ethik unbeantwortet lässt.

Viele Fragen wurden angerissen und noch viel mehr könnte man weiter diskutieren, denn die Digitalisierung im Gesundheitswesen steht erst am Anfang und hat bereits eine Breite und Komplexität, die schon jetzt schwer überschaubar ist.

Doch bei aller Euphorie für die Technik, soll die Menschlichkeit, besonders im Gesundheitsbereich, nicht übersehen werden, erinnert Zechner.