Emotionen übertragen sichFrustration wirkt ansteckend Erstmals wurde an Vögeln die Übertragung von Emotionen experimentell nachgewiesen. Übertragen auf die Menschen,  dürfte es demnach doch nicht gleichgültig sein, mit wem man sich umgibt. Die Emotionen der Anderen mitzubekommen ist für ein erfolgreiches Miteinander in sozialen Gruppen entscheidend.  Emotionale Übertragung gilt als ein grundlegendes Element für Empathie, die auch bei Tieren ausgebildet sein könnte. Studien an Tieren stoßen auf methodische Schwierigkeiten, wenn es gilt, die Übertragungen von Emotionen nachzuweisen. Eine Zusammenarbeit zwischen KognitionsbiologInnen und Sozialen NeurowissenschafterInnen an der Universität Wien hat hierbei durch die Integration von verhaltensbiologischen und psychologischen Methoden einen entscheidenden Fortschritt erzielt. Raben, die das frustrierte Verhalten eines Artgenossen beobachteten, zeigten sich anschließend pessimistisch in der Einschätzung von ambivalenten Testsituationen, was eine Übertragung der Emotion zwischen den Tieren nahelegt.

Eine interdisziplinäre Gruppe um Thomas Bugnyar vom Department für Kognitionsbiologie und Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden an der Universität Wien testete emotionale Übertragung an zahmen Raben, die daran gewöhnt sind an Verhaltensexperimenten teilzunehmen. Die Forscher induzierten positive oder negative Emotionen in einem der Vögel, indem sie ihn durch ein Guckloch spähen ließen, hinter dem sich entweder eine sehr beliebte oder völlig unbeliebte Futterbelohnung befand. Das Verhalten von diesem ‘Demonstrator’-Raben konnte von einem anderen Raben beobachtet werden.

Raben können sich von negativen Emotionen der Artgenossen anstecken lassen

Dieser ‘Zuschauer’-Rabe wurde vor und nach seiner Beobachtung des ‘erfreuten’ oder ‘frustrierten’ ‘Demonstrator’ Raben einem einfachen Verhaltenstest unterzogen, der die Einschätzung von ambivalenten Situationen wiedergibt. Die zusehenden Raben zeigten keinerlei Anzeichen von Verhaltensänderungen, die dem Verhalten des Demonstrators entsprachen. Sie zeigten jedoch eine pessimistische Einschätzung von ambivalenten Situationen, nachdem sie einen frustrierten Demonstrator gesehen hatten. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass sich Raben von der negativen Emotion eines Artgenossen anstecken lassen können.

Die Erstautorin der Arbeit, Jessie Adriaense, unterstreicht, dass hiermit erstmals emotionale Übertagung bei Vögeln experimentell nachgewiesen werden konnte und die verwendeten Methoden auch für andere Arten geeignet scheinen. Letzteres spiegelt den Wert der interdisziplinären Forschung über Fakultäts- und Fachgrenzen hinweg wider. Möglich gemacht wurde ihre Forschungstätigkeit durch die Cognitive Science Research Platform, ein Netzwerk von ForscherInnen im Bereich Kognitionswissenschaften an der Universität Wien. “Obwohl es in der Praxis alles andere als einfach ist, sich in zwei Forschungsfeldern zu bewegen, bin ich froh, dass ich die Möglichkeiten genutzt habe, die mir die Cognitive Science Platform geboten hat. Mit unserem integrativen Ansatz haben wir nicht nur methodische Verbesserungen erreicht, sondern auch einen wichtigen Schritt in Richtung Verständnis der Evolution von Empathie gemacht”, so Adriaense.

Publikation in “PNAS”
Adriaense, J.E.C., Martin, J.S., Schiestl, M., Lamm, C. & Bugnyar, T. Negative emotional contagion and cognitive bias in common ravens (Corvus corax). Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America.

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ. Prof. Mag. Dr. Thomas Bugnyar
Department für Kognitionsbiologie
Universität Wien
T +43-664-60277-0
thomas.bugnyar@univie.ac.at

Quelle: Universität Wien
(GZ)
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