Jahrelang galt das Amyloid-β-Protein als vielversprechendes therapeutisches Ziel bei der Alzheimer Demenz, doch die Studien-Ergebnisse waren lange Zeit sehr enttäuschend. Jetzt könnte das Protein, das gemeinsam mit dem Tau-Protein als wesentlicher Biomarker für die Alzheimer Demenz gilt, ein Comeback erleben.
Auch eine aktuelle Phase III-Studie an der MedUni Wien unter der Leitung von Elisabeth Stögmann von der Universitätsklinik für Neurologie der MedUni Wien hat einen monoklonalen Anti–Amyloid-β-Antikörper in Erprobung. In Vorstudien konnte gezeigt werden, dass monoklonale Antikörper, die auf Amyloid-Ablagerungen (Plaques) im Gehirn gerichtet sind, diese auflösen können. Jetzt soll untersucht werden, ob die Zerstörung der Plaques auch dazu führt, dass die Verschlechterung der Gedächtnisleistung bei diesen PatientInnen zumindest verlangsamt werden kann.
Verbesserte Ergebnisse mit Anti-Amyloid-Antikörpern
„Nach jahrelangen Misserfolgen mit Anti-Amyloid gerichteten Therapien, gibt es Hoffnung, dass diese nun zumindest ihr Target – Amyloid B Plaques – effektiv angreifen können und diese aus dem Gehirn abräumen können. Die nun verbesserten Ergebnisse mit Anti-Amyloid-Antikörpern sind großteils darauf zurückzuführen, dass höhere Dosen dieser Therapien zum Einsatz kommen“, erklärt die Alzheimer-Expertin Elisabeth Stögmann. An der MedUni Wien wird in einer Phase-III-Studie der Wirkstoff Aducanumab eingesetzt, der einmal monatlich intravenös gegeben wird. Er greift direkt die für die Alzheimer-Krankheit charakteristischen Eiweißablagerungen an und hilft, sie im Gehirn aufzulösen. Dadurch können die für die Erkrankung so typischen Plaques deutlich reduziert werden. „Nachdem diese positive Wirkung nachgewiesen ist, wird nun untersucht, ob das Verschwinden der Plaques auch dazu beiträgt, dass die Verschlechterung der Gedächtnisleistung der Betroffenen gestoppt oder zumindest verlangsamt werden kann. Hoffen darf man wieder! “, so Stögmann anlässlich des Alzheimer-Welttags am 21. September. Erste konkrete Resultate wird es aber erst in etwa zwei bis drei Jahren geben, glaubt die Neurologin.
Die Dosisanpassung und bessere Wirkung geht aber leider mit einer höheren Anzahl an Nebenwirkungen einher: ARIA (Amyloid related imaging abnormalities) bezeichnet das Auftreten von durchlässigen Blutgefäßen, welche im Hirn Ödeme verursachen. Diese Nebenwirkung kann man aber gut managen. Diese Ödeme treten vor allem in der Startphase der Antikörper-Behandlung auf – fährt man die Dosis wieder zurück, lösen sich die Ödeme von selbst wieder auf und man kann mit der Therapie wie geplant fortfahren, meist ohne Rezidiv. Stögmann: „Der Patient oder die Patientin merken klinisch in vielen Fällen davon nichts, aber ich kann die Ödeme in der regelmäßig durchgeführten Magnetresonanztomografie (Anm.: MRT) erkennen und richtig darauf reagieren.“ Rund ein Drittel der Betroffenen entwickelt diese Veränderungen.
Früherkennung mittels Bluttest als Meilenstein?
Die Antikörper gegen das Amyloid-β-Protein wirken vermutlich umso besser, je früher sie dem Alzheimer-Patienten bzw. –Patientin gegeben werden. Derzeit ist man bei der Früherkennung der Krankheit, an der in Österreich derzeit rund 100.000 Menschen leiden (130.000 insgesamt haben irgendeine Form der Demenz), auf erste offensichtliche kognitive Beschwerden angewiesen, also auf Symptome, die der Betroffene selbst oder dessen Umwelt wahrnimmt. Und das, obwohl die Amyloid-β-Plaques sich schon 20 Jahre vorher im menschlichen Gehirn ablagern können, ohne merkbar zu werden. Doch auch bei der Früherkennung könnte es in wenigen Jahren eine deutliche Verbesserung geben: Auf dem weltweit größten Kongress zum Thema Alzheimer, auf dem AAIC in Chicago (www.alz.org/aaic), berichtet Stögmann, wurde ein noch in Entwicklung befindlicher Bluttest präsentiert, der mit bisher nicht gezeigter Genauigkeit schon bei 50- bzw. 60-Jährigen Amyloid-β Ablagerungen im Gehirn und damit das erhöhte Risiko für die spätere Entwicklung einer Alzheimer Demenz anzeigen kann. Stögmann: „Dieser Test könnte schon in wenigen Jahren die Szene der Alzheimer-Forschung und –Behandlung sehr verändern“.
Quelle: MedUni Wien
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