Das gemeinsame Kooperationsprojekt „Polysaccharidgele für medizinische Anwendungen“ der BOKU und L&R führte zur Entwicklung neuartiger Wundauflagen auf Basis natürlicher Polymere für die Behandlung schwerheilender Wunden. Der Fokus lag hierbei vor allem auf Materialien sowohl mit minimaler Wundklebrigkeit als auch geruchsneutralisierender Wirkung.

Eingereicht von: Dr.nat.techn. Irina Sulaeva, MSc
Dr.nat.techn. Hubert Hetteger, MSc
Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. Antje Potthast
Dipl.-Chem. Dr.rer.nat. Dr.h.c. Thomas Rosenau
Firma/Universität: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU)
Homepage: www.boku.ac.at
Kooperationspartner: Lohmann & Rauscher GmbH & Co. KG

Historische Wundbehandlung basiert hauptsächlich auf passiven Wundschutz z.B. durch einfache Mullverbände. Die Komplexität modernen Wundmanagements erfordert jedoch fortschrittlichere Strategien und Technologien zur Wundversorgung. Dies gilt insbesondere für chronische und schwerheilende Wunden, Geschwüre und Verbrennungen. Die Verwendung von modernen Wundverbänden verkürzt beispielsweise Krankenhausaufenthaltszeiten und verringert versteckte Kosten aufgrund kürzerer Behandlungszeiträume sowie deutlich reduzierter Anzahl von erforderlichen Verbandswechseln signifikant.

Heute bietet der Weltmarkt eine breite Palette moderner Wundverbände auf Basis verschiedener natürlicher und synthetischer Materialien. Die Anforderungen an eine “ideale Wundauflage” sind jedoch sehr anspruchsvoll, so dass in diesem Bereich der Gesundheitsvorsorge aktuell umfangreiche Forschungs- und Entwicklungsarbeit betrieben wird. Zwei Aspekte sind besonders herausfordernd: das Ankleben der Wundauflage auf der Wunde bei längerem Tragen, sowie stark exsudierende und riechende Wunden, was vor allem soziale Probleme wie etwa Stigmatisierung mit sich bringt.

life-science.eu - Foto: (c) Hubert HetteggerAls Ergebnis des vorliegenden Projekts wurden mehrere neue Arten von modernen Wundauflagen auf der Basis von unterschiedlichen Biopolymeren entwickelt. So konnten beispielsweise sehr effektive Heil- und Wundverbände mit minimaler Klebrigkeit auf der Wunde erfolgreich entwickelt werden, wodurch ein schmerzfreier Verbandwechsel ermöglicht wird. Die zugrundeliegenden Technologien konnten leicht in die bestehenden Produktionslinien und Produkte integriert werden. Dies war ein wichtiger Aspekt für den Industriepartner Lohmann & Rauscher, da dadurch eine baldige Markteinführung realisiert werden kann. Selbstveständlich sind für eine tatsächliche Markteinführung noch weitere Tests und vor allem auch medizinische Zulassungen notwendig. Aufgrund der Auswahl der verwendeten Biomaterialien und der damit verbundenen intrinsischen Biokompatibilität aller Komponenten sollte dieser Prozess jedoch kein Hindernis für eine erfolgreiche Umsetzung auf industrieller Ebene sein.

Darüber hinaus wurde eine Methode entwickelt, mit der die in Wundverbänden häufig verwendete antimikrobielle Verbindung Polyhexamethylenbiguanid (PHMB) in die Wundauflagen imprägniert werden kann.

PHMB ist ein routinemäßiges Antiseptikum, das häufig bei Erster Hilfe verwendet wird. Diese antimikrobiell wirksamen Verbände sind besonders effektiv bei der Behandlung von Wunden, die stark mit Bakterien kontaminiert sind. Neben der nicht-haftenden Oberfläche sowie der antibakteriellen Imprägnation mit PHMB wurde eine weitere Methode zum Abtöten von Bakterien und der damit verbundenen Geruchsreduktion entwickelt. Diese permanente photochemische Methode ermöglicht eine geruchseliminierende, antibakterielle Wirkung, welche ohne momentan übliche Schwermetall-Ionen (Kupfer, Silber) funktioniert.

Die wissenschaftliche Arbeit zur Entwicklung der Wundauflagen wurde im Christian Doppler Labor für Cellulosechemie und -analytik, Abteilung für Chemie nachwachsender Rohstoffe der Universität für Bodenkultur Wien, durchgeführt. Die praktischen Tests und Pilotproduktion erfolgten an Lohmann & Rauscher Standorten in Österreich und Deutschland.