Die neuartige, höchst effiziente enGenes Expressionsplattform in E. coli erlaubt es, neuartige Antikörperfragmente, sowie Biosimilars, günstiger herzustellen. Physiologische Charakterisierung in skalierbaren Bioreaktoren ebnet den Weg für ein System in industrielle Anwendungen und wird Wien zu einem hotspot der Biosimilarindustrie machen.

Eingereicht von: Assoc. Prof. Dl Dr. Oliver Spadiut
Firma/Universität: TU Wien; ICEBE; AG Integrierte Bioprozessentwicklung
Homepage: www.tuwien.ac.at
Kooperationspartner: enGenes Biotech GmbH

Ausgangssituation, Problematik und Motivation

life-science.eu - Foto: (c) Oliver Spadiut

Die rekombinante Produktion von Antikörperfragmenten (Fabs) in E. coli ist ein stark beackertes Forschungsfeld. Fabs müssen ins Periplasma von E. coli transportiert werden, um korrekt gefaltet und biologisch aktiv zu sein. Dieser Prozess ist für die Zellen sehr herausfordernd, weswegen Bioprozesse sorgfältig designed werden müssen, um den Metabolismus der Zellen nicht zu überfordern (die Bildung von unlöslichen Produktaggregaten, sogenannten Inclusion bodies, sowie Zell-Lyse müssen verhindert werden). Eine weitere Herausforderung stellt die Tatsache dar, dass E. coli Zellen in Abhängigkeit von Prozessparametern undicht („leaky“) werden oder gar lysieren, was mit Produktverlust und erheblichen Problemen in der darauffolgenden Produktreinigung einhergeht. Um die rekombinante Produktion von Fabs in E. coli effizienter zu machen, muss man 2 Anforderungen erfüllen:

  1. das Expressionssystem optimieren, um effizient im Periplasma produzieren zu können
  2. die Effekte von Prozessparametern auf das Expressionssystem (speziell auf Leakiness und Lyse) verstehen

Die österreichische Biotech Firma enGenes Biotech GmbH, die in Wien angesiedelt ist, hat eine neuartige, firmeneigene enGenes-X-press Technologie entwickelt, die ein nicht-wachstums-assoziiertes E. coli-basierendes Proteinproduktionssystem beschreibt, mit dem man rekombinante Proteine in hohen Ausbeuten produzieren kann. enGenes Biotech GmbH hat nämlich eine Technologie entwickelt, mit der E. coli Zellen in einen „resting state“ gezwungen werden (d.h. die Zellen wachsen und teilen sich nicht mehr). Daher kann die gesamte Energie von Wachstum in Richtung rekombinanter Proteinproduktion kanalisiert werden, was zu höheren Produktausbeuten führt. Die erste Anforderung an die effizientere Herstellung von Fabs in E. coli scheint damit also erfüllt zu sein. Nun gilt es, den Einfluss der Prozessparameter auf dieses einzigartige Expressionssystem zu verstehen, um den Prozess holistisch optimieren zu können.

Ziele und Strategie

In der laufenden Kooperation wird ein enGenes E. coli-Stamm, der das Fab Certolizumab (Auslauf des Patents 2020) im Periplasma produziert, als Modellorganismus verwendet. TU Wien, vertreten durch die AG Integrated Bioprocess Development, führt mit diesem Stamm Bioreaktorkultivierungen unter verschiedenen Prozessbedingungen durch und deren Effekt auf Zellphysiologie, Viabilität, Leakiness, Lyse, Produktivität, sowie Produktlokalisation (löslich vs. Inclusion body) in einer integrierten Weise untersuchen. Das Ziel des Projektes ist die Analyse von mechanistischen Zusammenhängen zwischen dem neuartigen Expressionssystem, Prozessparametern, Produktreinigung und letztendlich Produktqualität (mit Fokus auf Biosimilarity, die von der österreichischen Firma VelaLabs GmbH, die ihren Sitz ebenfalls in Wien hat, durchgeführt wird). Durch das Verständnis der Mechanistik „Stamm – Bioprozess – Produkt“, die leider oftmals vernachlässigt wird, und durch das Erstellen einer generischen Produktionsplattform, wird der Prozess verstanden und somit kontrollierbar werden, die Produktausbeuten erhöht und die „Time-to-market“ entscheidend reduziert werden. Dieses Projekt erlaubt die Generation von entscheidendem Wissen auf diesem Forschungsgebiet, die Zusammenarbeit von 3 Partnern in Wien mit komplementärer Expertise und wird daher definitiv die lokale Ökonomie langfristig steigern.