Im Rahmen dieser Kooperation werden neue Testverfahren entwickelt, die eine frühzeitige Diagnose von Morbus Hunter bei Neugeborenen ermöglicht. Dazu werden synthetische Verbindungen hergestellt, die in Kombination mit hochsensitiven Messmethoden einen Nachweis von im Krankheitsfall nicht vorhandenen oder zu geringen enzymatischen Aktivitäten ermöglichen.
Eingereicht von: Dl Dr. Hannes Mikula
Firma/Universität: Technische Universität Wien
Homepage: www.tuwien.ac.at
Kooperationspartner: ARCHIMED Life Science GmbH
Das Enzym Iduronat-2-Sulfatase (IdS) spielt eine entscheidende Rolle im lysosomalen Abbauweg von sogenannten Glykosaminoglykanen. IdS katalysiert die Hydrolyse und somit die Spaltung dieser Biopolymere, im Speziellen Dermatansulfat und Heparansulfat. Ein genetisch bedingter Mangel an IdS führt zu einer abnormalen Anreicherung von nicht abgebauten Bestandteilen und dadurch bedingt zu fortschreitenden zellulären und multiorganischen Dysfunktion. Die Inzidenz dieser seltenen lysosomalen Speicherkrankheit, bekannt als Morbus Hunter oder Mucopolysaccharidose Typ 2 (MPS2) wird auf etwa 1 in 80 000 bis 300 000 geschätzt. MPS II ist nicht nur eine seltene und heterogene Störung, sondern vor allem auch eine verheerende Krankheit. Die meisten betroffenen PatientInnen haben ein normales Aussehen bei der Geburt, zeigen jedoch später kognitive Regression. Eine Diagnose liegt typischerweise im Alter von eineinhalb bis 4 Jahren vor; der Tod tritt in der Regel in der zweiten Lebensdekade ein. Auch wenn bislang keine Heilung dieser Erkrankung möglich ist, wurde gezeigt, dass bestimmte Behandlungen die Symptome für PatientInnen entscheidend abschwächen und dadurch das Leben deutlich verbessern und sogar verlängern können. Ein frühzeitiger Beginn der Therapie ist jedoch von essentieller Bedeutung. Daher wurden in den letzten Jahren Screening-Methoden zur Diagnose von MPS2 bei Neugeborenen entwickelt, um die Verzögerung einer Therapie vermeiden zu können. Diese diagnostischen Testverfahren beruhen auf einer Messung der enzymatischen Aktivität, um das genetisch bedingte Fehlen von IdS nachweisen zu können. Wie zumindest den meisten Eltern wohl bekannt ist, werden von allen Neugeborenen in Österreich und mehreren weiteren Ländern üblicherweise am dritten Tag nach der Geburt Blutproben an der Ferse abgenommen. Diese werden bereits routinemäßig im Rahmen des österreichischen Neugeborenen-Screenings untersucht, um Stoffwechselerkrankungen frühzeitig nachweisen zu können. Das Testprinzip beruht auf der Anwendung eines synthetischen Substrats für das zu untersuchende Enzym. Der Abbau dieses Substrats wird mit analytischen Messtechniken festgestellt, wobei ein geringer oder nicht nachweisbarer Abbau auf eine Erkrankung schließen lässt. Um Morbus Hunter effizient im Rahmen des Neugeborenen-Screenings diagnostizieren zu können, bedarf es daher der Entwicklung von entsprechenden Substraten des Enzyms IdS. Erste Verbindungen wurden in den letzten Jahren entwickelt und zeigten bereits vielversprechende Ergebnisse. Um eine signifikante Aussagekraft der entsprechenden diagnostischen Verfahren zu erreichen, sind jedoch weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeiten notwendig, vor allem auch wenn man bedenkt, dass es sich um äußerst geringe Blutmengen handelt, die zum Screening einer Vielzahl von Stoffwechselerkrankungen verwendet werden müssen. Um die große Anzahl an Proben möglichst rasch testen zu können, bedarf es der Entwicklung von hochsensitiven diagnostischen Verfahren, die eine simultane und somit zeiteffektive Bestimmung von unterschiedlichen Enzymaktivitäten ermöglichen. Im Rahmen dieser Forschungskooperation werden daher hochselektive und äußerst effiziente synthetische IdS-Substrate hergestellt, die in Verbindung mit analytischen Hochleistungsmethoden (Massenspektrometrie) eine genaue Bestimmung der Enzymaktivität und somit die Diagnose von Morbus Hunter ermöglichen.