Eine Erdkröte kriecht am Boden daher. Neugierig streckt sie ihren Kopf aus dem fetten Hals. Gemächlich und vorsichtig nähert sie sich. NOISIV rührt sich nicht, um sie nicht zu erschrecken, und so kommt das Reptil bis auf Armlänge heran, bleibt ruhig am Boden hocken und genießt den Tag. NOISIV mustert die Kröte ganz genau. Ihre Warzen, die hervorstechenden Kulleraugen, das relativ breite Maul von einem Ohr zum anderen – ja, auch Kröten haben seitlich Ohren, man sieht sie nur fast nicht. Ihre Haut wirkt ein paar Nummern zu groß – quasi viel zu viel Haut für so wenig Tier. Ihre schmutzig braune Farbe ist wirklich kein perfekter Teint, höchstens die perfekte Tarnung für jemanden, der ständig im Schlamm und auf der Erde herumkriecht………… NOISIV gefällt diese eigenwillige, hässliche Kröte, wobei, hässlich ist sie nicht. Sie ist, wie sie ist.
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Der Impuls:
NOISIV wurde ungewollt zur Zeugin eines Gesprächs zwischen zwei “Patientinnen” aus der Schönheitsklinik. Die beiden unterhielten sich darüber, wie und warum sie mit den diversen Schönheitsoperationen begonnen hatten und welche Erfahrungen jede von ihnen damit gemacht hatte und nach wie vor macht.
Schönheitssinn – so alt wie die Menschheit selbst
Bereits in der Antike war dem Menschen die Schönheit ein großes Anliegen. Denken wir an die Mythen, die um Kleopatra ranken. Schönheitsoperationen, Hautstraffung, Fettabsaugen etc. sind keine Unsitte, die erst in unserer Zeit aufgekommen ist. Die Möglichkeiten haben sich allerdings geändert. In asiatischen Ländern wurden den Mädchen in früheren Jahrhunderten die Füße streng eingefascht, damit die Füße nicht zu groß wachsen. Nach wie vor gibt es Völker, bei denen die Frauen metallene Halsreifen tragen und damit die Halswirbel unnatürlich strecken. Je länger umso schöner; aber auch umso ungesunder. Auch die engen Mieder vergangener Jahrhunderte waren eine Tortur für den Körper, nur um eine schlanke Taille zu bekommen.
Vorurteile aufgrund von Aussehen
Wie oft beurteilen wir Menschen nur nach ihrem Äußeren und nehmen uns gar nicht die Mühe, den anderen kennen zu lernen. Die Schnellebigkeit unserer Zeit lässt es oft gar nicht zu, sich mit einem Menschen näher auseinanderzusetzen und zu erfahren, wie er denkt, was sie beschäftigt, was jemandem wie wertvoll ist.
Kennst Du das Video von Susan Boyle bei ihrem ersten Auftritt beim Talentewettbewerb in Glasgow. Sie irritierte anfangs mit ihrem Äußeren und ihrem Verhalten, doch sie verzauberte das Publikum mit ihrer Stimme und ihrer Interpretation von “I have a dream”. Über Nacht wurde Sie zum Star. Niemand hätte es ihr aufgrund ihres Aussehens zugetraut. Sie erzielte Plattenerfolge, wie sie vor ihr nur die Beatles erreicht hatten.
“Schönheit muss leiden”, ein Spruch, den sicher jeder und jede schon einmal in irgendeinem Zusammenhang gehört hat. Aber muss das wirklich sein? Wie kann jemand schön sein, der leidet?
Was unterscheidet den Menschen vom Tier?
Eine Kröte entspricht sicher nicht unserem Bild von Schönheit. Doch der Kröte ist das ziemlich egal. Sie ist, wie sie ist. Ja, auch die Tierwelt putzt sich heraus. Denken wir nur an den Pfau. Er trägt eine Federnpracht, mit sich herum mit der er in der freien Wildbahn nur schwer überleben würde, denn eine schnelle Flucht wäre damit nicht möglich. Doch im Gegensatz zum Menschen verwenden Tiere keine Hilfsmittel. Sie präsentieren sich und nur sich selbst. Gesundheit und Vitalität sind hier die Schönheitsmerkmale.
Fragen zur Selbstreflexion:
- Was bedeutet für Dich Schönheit? Wann und weshalb nimmst Du einen Menschen als “schön” wahr? Welche Eigenschaften hat der oder die?
- Wie reagierst Du auf Menschen, die nicht dem entsprechen, was in Deinen Augen “schön” ist? Inwieweit lässt Du Dich vom Aussehen eines Menschen beeinflussen ob Du ihn sympathisch oder unsympathis findest?
- Was unternimmst Du selbst, um schön zu erscheinen? Welche Maßnahmen ergreifst Du dazu? Wie viel Zeit und Aufmerksamkeit widmest Du Deiner Schönheit? Könnte es mehr sein? Oder ist es schon zu viel? Oder solltest Du vielleicht Deine Maßnahmen überdenken.